INTERVENTION: DENKMALE


Ein Partnerprojekt der Schweizerischen Kulturstiftung Pro Helvetia und im Rahmen der Initiative „Kulturelle Vielfalt in den Regionen“ des Kantons Solothurn

Denkmale erinnern an prekäre Versorgungslage im Kanton Solothurn vor 100 Jahren
Drei Denkmale machen auf die wirtschaftliche Not während des Ersten Weltkriegs aufmerksam. Sie sind den Solothurner Arbeiterinnen gewidmet, welche die schwierige Situation mitzutragen hatten, aber in den Quellen kaum je Erwähnung finden. Die Denkmale erinnern an das Verhältnis zwischen Lohn und Kaufkraft. Eine Stunde Arbeit reichte nicht aus, um ein Kilo Kartoffeln zu kaufen. Das Solothurner Kulturprojekt „Verschiebungen 18/18“ thematisiert damit die wirtschaftliche Not, die ein wichtiger Auslöser des Landesstreiks vom November 1918 war.

STANDORTE
Seit März 2018 - Nach einer Tournee durch den ganzen Kanton Solothurn haben sie nun ihren definitiven Standort im Museum HAARUNDKAMM in Mümliswil gefunden.

SCHWIERIGE VERSORGUNGSLAGE
Während der Kriegsjahre 1914 bis 1918 berichteten die solothurnischen Zeitungen fast täglich über Lebenskosten, die Verfügbarkeit von Lebensmittel, über Preise, Teuerung und Wucher. Mit systematischen Erhebungen wurden die Kartoffelbestände im Kanton auf das Kilo genau gezählt. Zeitungen riefen zum Sparen von Kohle auf. Werbeinserate richteten sich an sparsame Hausfrauen.

Diese Berichte zeigen die wirtschaftliche Notlage, in welche viele Schweizerinnen und Schweizer während der Kriegsjahre geraten war. 692‘000 Personen brauchten im Jahr 1918 Unterstützung, um zu überleben.
Zahlreiche Gründe hatten zu dieser Situation geführt. Der Industriestaat Schweiz, der einen Grossteil der Lebensmittel aus dem Ausland einführte, war von den Entwicklungen auf dem Weltmarkt betroffen. Bei Kriegsbeginn waren kaum Nahrungsvorräte vorhanden. Die Lebensmittelpreise stiegen. Es gab keine Preiskontrolle, keinen Teuerungsausgleich. Viele Personen hungerten. Betroffen waren insbesondere unselbständig Erwerbende. Sie litten unter Lohnkürzungen und verschlechterten Arbeitsbedingungen. Mit Lohnkämpfen versuchten sie, ihre Situation zu verbessern.

Den Behörden fehlte die Erfahrung, um eine langfristige Kriegswirtschaft zu planen. Einzelne ergriffene Massnahmen, wie z.B. die Rationierung wichtiger Lebensmittel, kamen spät und wurden von den Betroffenen als ungenügend empfunden. Für Wut und Empörung sorgte auch der Umstand, dass die in der Landwirtschaft und Industrie erzielten Gewinne nur einem kleinen Kreis zu Gute kamen.

In der wirtschaftlichen Not sieht der Historiker Willi Gautschi denn auch den Hauptgrund, warum sich ein Drittel aller Arbeitnehmenden im November 1918 am Landesstreik beteiligte. Durch ihre Streikteilnahme verliehen Arbeiterinnen und Arbeiter ihrer Wut Ausdruck und forderten eine Veränderung der Situation.

ROLLE DER FRAUEN WÄHREND DER KRIEGSJAHRE
Frauen trugen die schwierigen Lebensbedingungen während der Kriegsjahre mit, tauchen in den Quellen jedoch nur vereinzelt auf. Sie leisteten unentgeltliche Arbeit, betreuten Familie und Angehörige, pflanzten Gemüse, arbeiteten zu tiefen Löhnen, übernahmen die Arbeit der zum Wehrdienst eingezogenen Männer, zahlten Steuern. Einige von ihnen waren, obwohl sie das Frauenstimmrecht nicht besassen, politisch interessiert und aktiv. Wie sich Schweizerinnen während der Kriegsjahre engagierten und welche Rolle sie im Landesstreik spielten ist Forschungsgegenstand einer laufenden Dissertation von Katharina Hermann (Universität Bern).

Die überlebensgrossen Denkmale machen auf das vielfältige Engagement der Solothurnerinnen aufmerksam. Gewidmet sind die Werke Elise Saner, Frieda Meister und Agnes Anderegg. Sie verloren durch einen schweren Unfall in der Kammfabrik Mümliswil am 30. September 1915 ihr Leben.

EMPFANG DER DENKMALE IN DEN GEMEINDEN
An jedem Standort hat ein Mitglied des Gemeinderates das Denkmal empfangen.

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